Im Sprach-Sommercamp lernen 46 Kinder die deutsche Sprache

(PM) Vorsichtig nehmen Jasmin und Kris die Schnur in ihre Hände, dann halten die beiden sie hoch. Mit Wäscheklammern sind daran Zettel befestigt. Auf ihnen stehen Dinge, die die beiden und die anderen vier aus ihrer Sprachgruppe gestern im Wald entdeckt haben. Später werden sie in der Gruppe über ihre Entdeckungen sprechen und Geschichten dazu aufschreiben getreu dem Motto: „Sprache und Natur auf der Spur“. 46 Kinder aus der Stadt und dem Landkreis Osnabrück nehmen teil an der achten Auflage des Sprachsommercamps, das auch dieses Jahr von der Friedel & Gisela Bohnenkamp-Stiftung unterstützt wird. Zwei Wochen befassen sich die Dritt- und Viertklässler im Schullandheim Mentrup-Hagen und erstmals auch in der Jugendherberge Osnabrück vormittags mit Feinheiten der deutschen Sprache und entdecken nachmittags die Natur.
Die meisten Kinder des Camps sprechen zuhause russisch, viele arabisch, weitaus weniger polnisch, englisch, kurdisch, farsi, rumänisch und bulgarisch. Doch das ist nicht die einzige Herausforderung, die das Team des Sprachcamps zu bewältigen hat: „Dieses Jahr haben wir eine sehr heterogene Gruppe“, sagt Gabriele Grosser von der Regionalen Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern aus Zuwandererfamilien (RAZ). Sie hebt hervor, dass fünf der Kinder erst seit sechs Monaten eine Schule besuchen und zehn der jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer erst seit eineinhalb Jahren in Deutschland sind. Darauf sei das Konzept des Camps zunächst nicht ausgerichtet gewesen, aber: „Wir haben Material entwickelt für die Kinder, die noch sehr wenig deutsch sprechen“, sagt Grosser über die sehr gute Kooperation mit dem Verein zur pädagogischen Arbeit mit Kindern aus Zuwandererfamilien und dem Lernstandort Noller Schlucht. Träger des Sommercamps sind die Stadt und der Landkreis Osnabrück.
Ins Leben gerufen wurde das Sprachcamp im Jahr 2008 von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), die auch den ersten Durchlauf finanzierte. Seit 2010 unterstützt die Bohnenkamp-Stiftung das Camp. „Es ist eine wichtige Konstante in unserer Fördertätigkeit, zu der es Anschlussprojekte gibt“, erläutert Michael Prior, der Geschäftsführer der Bohnenkamp-Stiftung. Bedeutend sei die gute Vernetzung der Kooperationspartner, die dafür Sorge getragen haben, dass mittlerweile etwa 500 Kinder in den Genuss eines Sprachsommercamps gekommen seien.
Schreiben, Lesen, Wortschatz und Grammatik – das sind die vier Module, mit denen sich die Kinder vormittags beschäftigen, erläutert Kristina Urbanovic vom VPAK. „Die Natur ist der Lieferant der neuen Wörter für die Sprachförderung“, erläutert Derk van Berkum, der Geschäftsführer des Lernstandorts Noller Schlucht. Er ergänzt: „Wir legen sehr viel Wert auf Originalerfahrung.“ Dafür gehen die Kinder nicht nur bei Sonnenschein ins Grüne, sondern auch bei Wind und Regen: „Bei uns dürfen sie auch mal dreckig werden“, sagt Kinga Jaschke, die Leiterin des Schullandheims Mentrup-Hagen.
„Viele Familien schicken auch ihre zweiten und dritten Kinder zu uns“, erzählt Gabriele Grosser mit Blick auf die Rückmeldungen der Eltern. In diesem Jahr war die Kommunikation mit den Müttern und Vätern aus den muslimischen Familien besonders wichtig. Denn das Sommercamp fällt dieses Jahr in den Ramadan, und auch einige der muslimischen Kinder im Camp haben zunächst gefastet. Das heißt, sie durften laut ihren religiösen Regeln nur zwischen Sonnenuntergang und dem Morgengrauen etwas essen. „Nachts ist unsere Küche aber nicht besetzt“, sagt Grosser, die sich erleichtert zeigt, dass die muslimischen Kinder deshalb auf das Fasten verzichten durften.
Für Jasmin, Kris und die anderen vier Kinder aus ihrer Gruppe ist das aber jetzt nicht ganz so wichtig. Sie packen erst einmal ihre Schnur mit den neuen Begriffen ein und laufen zurück in ihren Unterrichtsraum. Denn da gibt es weitere spannende Geschichten und Wörter zu entdecken.
Bildunterschrift: An eine Leine haben Jasmin, Hadiya, Julia, Alina, Noel, Kris (von links) Zettel mit der Bezeichnung der Tiere und Pflanzen geklammert, die sie am Tag zuvor im Wald entdeckt haben. Fotohinweis: Bohnenkamp-Stiftung/Marie-Luise Braun.