(PM) Mit dem Steckenpferdreiten erinnert die Stadt Osnabrück an die Verkündung des Westfälischen Friedens am 25. Oktober 1648 von der Treppe des Osnabrücker Rathauses. In Erinnerung daran wird alljährlich der Friedenstag gefeiert. Üblicherweise ziehen die Viertklässler der Grund- und Förderschulen Osnabrücks aus diesem Anlass mit selbstgebastelten Steckenpferden und geschmückt mit farbigen Hüten durch die Innenstadt. Wegen der Corona-Pandemie fällt die Veranstaltung in diesem Herbst aber erneut kleiner als in den Vorjahren aus.

2021 findet das Steckenpferdreiten zweimal statt. Weil im letzten Jahr das Steckenpferdreiten wegen der Pandemie abgesagt werden musste, konnte es erst im Juli dieses Jahres verteilt auf drei Tage nachgeholt werden. Das 70. Steckenpferdreiten wird am Donnerstag, 14. Oktober, an einem einzigen Nachmittag veranstaltet. Allerdings muss der Umzug durch die Innenstadt coronabedingt erneut ausfallen. Stattdessen startet das Steckenpferdreiten vor dem Dom. Dort treffen sich die Viertklässler der Grund- und Förderschulen mit ihren Steckenpferden und farbigen Hüten ab 13.30 Uhr nacheinander über den Nachmittag verteilt in vorgegebenen Zeitfenstern. Als Kohorte reiten sie über den Markt und die Rathaustreppe, um aus der Hand von Oberbürgermeister Wolfgang Griesert die traditionellen, süßen Brezeln zu erhalten. Danach wird ein Klassenfoto gemacht.

Musikalisch begleitet wird die Veranstaltung wieder von dem Musiker und Entertainer Stephan Rodefeld, der das Steckenpferdlied singt. Außerdem spielen die Big Band und das Sinfonische Blasorchester der Angelaschule. Beide von Ekkehard Sauer geleitete Musikgruppen sind mehrfach preisgekrönt und bereits in verschiedenen Ländern aufgetreten. So gastierte die Big Band der Angelaschule, die Jazz, Latin, Pop und Funk spielt, bereits in den USA, in Kanada und in China. Das Sinfonische Blasorchester, das Pop, Jazz und Musik aus dem Repertoire sinfonischer Blasorchester zum Besten gibt, trat in den USA, Kanada, Spanien und Tschechien auf.

Der Domhof wird für das Steckenpferdreiten in der Zeit von 13.30 bis 18 Uhr von der Einmündung Markt/Große Domsfreiheit bis zum Schachbrettmuster an der Ecke Kleine Domsfreiheit vollgesperrt. Während dieser Zeit ist die Hasestraße vom Erich-Maria-Remarque-Ring sowie aus der Dielingerstraße nicht zu erreichen. Wegen des Schülerverkehrs können die Busse den Domhof noch bis 13.30 Uhr passieren.

Das Steckenpferdreiten ist ein Friedensfest für Kinder, das ihnen den Gedanken der Toleranz und des friedlichen Zusammenlebens auf spielerische Weise vermitteln soll.

Die Tradition des Steckenpferdreitens geht auf das Jahr 1650 zurück. In dem Jahr des Friedensexekutionshauptrezesses sollten in Nürnberg die praktischen Folgen aus dem zwei Jahre zuvor geschlossenen Westfälischen Friedensvertrag geregelt werden. Damals ritten Nürnberger Jungen mit Steckenpferden zu Fürst Piccolomini, dem Beauftragten des deutschen Kaisers Ferdinand III., um ein „Friedensgedächtnis“, ein Andenken an den Frieden, zu erbitten. Piccolomini ließ nach Abschluss des Exekutionsrezesses eine große Anzahl von silbernen, viereckigen Gedächtnispfennigen prägen, die auf der einen Seite einen Jungen als Steckenpferdreiter zeigen. Auch die Jugend erhielt die Münze, „um die Friedensfreude in die nächste Generation weiterzuvermitteln“.

Die emsländischen Dichterinnen Clara und Emmy von Dincklage bearbeiteten 1875 in ihrem Buch „Geschichten für die Jugend“ das Nürnberger Ereignis. In ihrer Sage ist der Schauplatz der Handlung die Friedensstadt Osnabrück. Die von Oberbürgermeister Griesert ausgeteilten Brezeln sollen die Erinnerung an den Frieden von 1648 symbolisieren.

Die Geschichte der Schwestern von Dincklage war letztlich die Quelle für das Osnabrücker Steckenpferdreiten, das 1948 der damalige Stadtarchivar Ludwig Bäte (1892-1977) anlässlich des 300. Jubiläums des Westfälischen Friedens im Rahmen der Friedensgedächtniswoche der Stadt Osnabrück ins Leben rief. Damals ritten rund 100 Jungen zu Ehren des Friedens durch die vom Krieg zerstörte Altstadt und umrundeten den Marktplatz zweimal.

Seit 1953 wird das Osnabrücker Steckenpferdreiten jährlich und in erweiterter Form veranstaltet. Seitdem hat es sich zu einem überregional bekannten Kinderfest etabliert.

Viele Osnabrücker:innen haben bisher an dem Steckenpferdreiten teilgenommen und berichten teils noch Jahre später von ihren Erlebnissen.

Foto: Archiv Stadt Osnabrück, Friso Gentsch