Messerangreifer verurteilt
(PM) Die 6. Große Strafkammer – Schwurgericht – des Landgerichts Osnabrück hat am Mittwoch, dem 23. Februar 2022, ihr Urteil in dem Verfahren wegen mehrerer Messerattacken auf Bewohner eines Mehrfamilienhauses in Bad Essen getroffen, Geschäftszeichen 6 Ks 7/21. Der Angeklagte wurde zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren verurteilt. Ferner wurde die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Wie die Kammer in ihrer Urteilsbegründung ausführte, stand für sie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass der 25-jährige Angeklagte, welcher in seiner Intelligenz gemindert und sehr geräuschempfindlich ist, zurückgezogen lebte und über nahezu keine sozialen Kontakte verfügte, zu seiner Nachbarin und späteren Opfer ein angespanntes Verhältnis hatte. Zu dem anderen, zwischenzeitlich verstorbenen Nachbarn, dem weiteren Opfer, hatte der Angeklagte ein als normal zu bezeichnendes Verhältnis. Am Abend des 14. Mai 2021 kam es aus Anlass einer vorangegangenen Konfrontation zwischen dem Angeklagten und seiner Nachbarin zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und seinem Nachbarn. Nachdem die anfängliche Auseinandersetzung mit dem Nachbarn zunächst beendet war, holte der Angeklagte aus seiner Wohnung ein Küchenmesser und stach 15 mal ohne rechtfertigenden Grund auf seinen Nachbarn ein, wobei die Einstiche zum Teil 10 cm tief waren. Dass sein Nachbar an den Verletzungen sterben könne, nahm der Angeklagte billigend in Kauf. Anschließend verschaffte sich der Angeklagte Zutritt zu der Wohnung seiner Nachbarin, in der sich diese, ihr einjähriger Sohn sowie ihre Großmutter befanden. Der Angeklagte stach zunächst mehrfach auf die Großmutter seiner Nachbarin ein, welche sich ihm in den Weg gestellt hatte und verletzte sie hierbei lebensgefährlich. Der Angeklagte nahm deren Tod bewusst in Kauf, um sein eigentliches Ziel, den Tod seiner Nachbarin, zu verwirklichen. Aus Angst vor dem Angeklagten sprang diese anschließend zusammen mit ihrem Sohn, den sie auf dem Arm hielt, aus dem Fenster. Hierbei verletzten sie und ihr Sohn sich.
Dem Angeklagten war der Tod des Nachbarn, der während des laufenden Gerichtsverfahrens nach seiner Vernehmung als Zeuge verstarb, nicht zuzurechnen, da die Ursächlichkeit der erlittenen Verletzungen für den Tod des Nachbarn nicht bewiesen war.
Den Sachverhalt sah die Kammer insbesondere aufgrund der Einlassung des Angeklagten, der Angaben der Opfer sowie der eingeholten Sachverständigengutachten als bewiesen an.
Rechtlich wertete die Kammer die erste Messerattacke als versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, den zweiten Angriff als versuchten Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und den Angriff gegenüber der Nachbarin des Angeklagten als versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen. Als Mordmotiv nahm die Kammer die Ermöglichung einer weiteren Straftat an.
Die Kammer ging aufgrund der leichten Intelligenzminderung sowie der Persönlichkeitsstörung von einer verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten aus. Sie hielt eine Gesamtfreiheitstrafe von 7 Jahren für tat- und schuldangemessen, wobei sie Einzelstrafen von vier, fünf und vier Jahren in ihre Erwägungen einstellte.
Nach Auffassung der Kammer ergab eine Gesamtwürdigung des Angeklagten und seiner Taten, dass von ihm infolge seines Zustandes weitere erhebliche Straftaten drohen, so dass sie seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB anordnete.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es kann binnen einer Woche mit der Revision zum Bundesgerichtshof angegriffen werden.
Symbolbild ©OS-Radio